Authentisch sein. Gerade wer schon einige Zeit auf Business Social Media Portalen wie LinkedIn verbracht hat, wird von dieser unabdingbaren Wahrheit gehört haben. Sie wird von Schlüsselfiguren der B2B Influencer Blase immer stärker als das einzig relevante Erfolgsgeheimnis etabliert. Sei mehr du selbst und zeig dich, wie du bist. Auch bei der Arbeit. Der Individualismus, im Privatleben schon längst alternativlos, schwappt so auch rüber in die Karriere. Die Grenzen jener Trennung sind kaum noch klar definierbar. Während Gurus und Coaches mit Träumen von Authentizität und Inbound Lead Kanälen um sich werfen, möchten wir versuchen, der Sache etwas näher auf den Grund zu gehen.
Ist das authentisch? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Viel wichtiger für uns: was ist authentisch und welche Rolle spielt es im B2B Influencer Marketing?
Auf der Suche nach einer Definition
Grundsätzlich gilt, authentisch sein ist etwas Natürliches. Es ist simpel, aber nicht einfach. Es bedarf keine Anstrengung, du bist so wie du bist. Kein Filter nötig. Kein Glitzer und Glamour. Nein, deine Einladung als Speaker auf der Welt Marketing Messe hat also nicht dein Leben verändert. Wir versuchen immer, uns im bestmöglichen Licht dazustellen. Wir wollen gesehen werden als Helden, als Meister eines Lebens, welches von Vielfalt und Emotionen nur so strotzt. Dieser Drang auf Selbstbehauptung stellt den Kern des Individualismus dar, wie wir ihn heute leben. Es geht primär ums Ich-Sein. Dabei bedeutet authentisch sein einfach nur, die Dinge so zu nehmen und zu kommunizieren wie sie sind. Keine Absichten, keine Erwartungen haben. Zu leben und gesehen zu werden. Sollte doch eigentlich ganz einfach sein.
Die Prämisse: du kriegst Geld, um ein Produkt an deine Zielgruppe zu vermarkten, hinter welchem du stehst. Eine Marketing-Agentur kriegt auch Geld, um zwischen Produkt bzw. Unternehmen und Influencer zu vermitteln.
Die Entlohnung wird von dem Unternehmen gezahlt, nicht für positives Produkt-Feedback, sondern rein für die Reichweite in der Zielgruppe des Influencers. Das ist Grundvoraussetzung. Gerade im B2B kann nur so das Vertrauen zur Zielgruppe erhalten werden. Es stehen keine Meinungen zum Verkauf, nur Reichweite. Konkret, der Influencer darf sagen, was er möchte, positiv, negativ, ehrlich.
Die Agentur hat die schwierige Aufgabe, das Matching zwischen Influencer und Unternehmen zu koordinieren. Auch hier dürfen die finanziellen Interessen nicht im Vordergrund stehen. Es muss so lange gesucht werden, bis ein Influencer gefunden wurde, der wirklich zum Unternehmen passt. Es muss von außen auf einen Blick Sinn ergeben, warum genau diese beiden miteinander kooperieren. An dieser Stelle darf kein Zweifel entstehen.
Das Produkt muss für die Zielgruppe ebenfalls passend sein, aus Sicht des Influencers, aber genauso aus Sicht des Unternehmens. Ein Problem für die Zielgruppe zu lösen, das ist der Anspruch.
Das wichtigste ist aber die Transparenz gegenüber der Zielgruppe hinsichtlich der Entlohnung. Nicht nur rechtlich, sondern viel wichtiger, aus menschlicher Sicht, muss unmissverständlich definiert sein, dass es sich hierbei um eine bezahlte Werbekooperation handelt. Aber warum eigentlich? Wenn doch alles andere so ehrlich gestaltet wurde? Ist es dann überhaupt noch eine gekaufte Produktempfehlung?
Finanzielle Interessen als Angriff auf die Authentizität
An dieser Stelle entsteht ein Paradox. Grundsätzlich scheint es schwer zu sein, Authentizität mit finanziellen Interessen zu vereinbaren. Die oben definierten Kriterien für einen authentischen Produktbeitrag sind immer im Zusammenhang mit der finanziellen Entlohnung zu betrachten.
Geld als einziges Mittel für uneingeschränkte Handlungsfreiheit schwebt über uns wie eine unsichtbare Hand, dessen wahrer Einfluss aus unserer subjektiven Perspektive oft schwer einzuschätzen ist. Jeder behauptet von sich, er sei nicht käuflich, doch am Ende sind wir es alle. Dies ist schließlich die Prämisse, auf der unsere Gesellschaft aufgebaut ist.
Die Agentur, sowie der Influencer selbst, kann seinen Anspruch auf diese Freiheit unmöglich gänzlich zurückstellen. Das würde zu einem klaren ökonomischen und daher auch gesellschaftlichen Nachteil führen. Die Werbemarkierung am Anfang des Beitrags ist deswegen für B2B Influencer Kooperationen nicht wegzurationalisieren. Es ist ein Disclaimer, eine Nachricht an die Zielgruppe: "Ich gebe mein bestes euch nur Sachen zu empfehlen, hinter denen ich stehe, die euch was bringen, aber auch ich bin ein Mensch. Bitte bedenkt, dass ich für diesen Beitrag einen vierstelligen Entlohnungsbetrag bekommen habe."
Diese Transparenz erlaubt dem Leser eine Einordnung. Es ist eine Erweiterung der Verantwortung auf die Zielgruppe. Nun kann jeder selbst entscheiden, wie er den Beitrag einzuordnen hat. Ist es offensichtlich, dass die finanziellen Interessen hier im Vordergrund standen? Oder ist der Beitrag doch ganz glaubwürdig? In einer Welt, wo jeder verkaufen will, sind wir als Marketers verpflichtet, der Zielgruppe volle Transparenz hinsichtlich der Tatsachen zu geben. Es ist das einzig Richtige.
Wohin mit dem, was verbleibt?
Streng genommen, gibt es keinen Weg, authentische Produktempfehlungen einzukaufen. Es ist ein Paradox. Doch wir können uns durch die beschriebenen Mittel und Wege an eine Authentizität im B2B Influencer Marketing annähern, selbst wenn diese in ihrer Ganzheitlichkeit nicht erreichbar ist.
Aber viel zu oft geht es immer noch darum, Werbemarkierungen zu umgehen, durch vorgeschobene Aufträge, in dessen Zusammenhang die veröffentliche Beiträge nur ein Nachgang darstellen: "Für die Beiträge wurde ja nicht bezahlt, außerdem schadet Werbekennzeichnung dem Engagement."
Mit dieser Haltung spielen wir uns immer tiefer in eine Welt, wo man niemandem mehr vertrauen kann, wo jede Nachricht, mechanisch konstruiert, nur ein Ziel hat: dem einzelnen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Das ist kein authentisches Marketing. Vermitteln wir die Dinge lieber so, wie sie waren, wie sie wirklich stattgefunden haben. Wenn wir der Zielgruppe alle Fakten geben, kann jeder selber entscheiden, was er daraus macht. Und das Produkt kriegt trotzdem Sichtbarkeit.
In einer Gesellschaft, die Geld zum Zentrum jedes Schaffens macht, ist es wichtiger denn je gegen diesen Strom anzusteuern und zumindest zu versuchen, Marketing für Menschen zu machen: aufzuklären und zu informieren, und nicht die Stimmen jener zu missbrauchen, die sich über oft gut Inhalte ein wahres Vertrauen in ihrer Zielgruppe aufgebaut haben.
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